Samstag, 22. Februar 2014

Tibetischer Raupenpilz - Ein Gedanken kontrollierender Parasit

Cordyceps Sinensis
Tote Geistermotten mit Pilzhyphen des Raupenpilzes
Der Tibetische Raupenpilz (Ophiocordyceps sinensis), auch Chinesischer Raupenpilz oder Tibetischer Raupenkeulenpilz genannt bzw. auf tibetisch 'ja(r)tsa gunbu', ist ein endemischer parasitärer Pilz.


Habitat

Der Tibetische Raupenpilz kommt in einem Bereich von 500 Höhenmetern um die Baumgrenze im zentralasiatischem Hochland vor. Dies sind Höhenlagen zwischen 3'000 und 5'000 M.
Er kommt zwar am zahlreichsten im Tibetischen Hochland vor, ist aber nicht nur in Tibet sondern auch in den Hochgebirgen angrenzender Länder wie China, Nepal, Bhutan, Indien, Myanmar, Kashmir und wahrscheinlich auch in Pakistan, Afganistan, Kasachstan, Kirgisistan, Usbekistan und Tadschikistan anzutreffen.
Den Raupenpilz findet man dort im Gras- und Strauchland, welches mindestens 350 - 400 mM Niederschlag erhält.
Durch die Zunahme der Beweidung in den Hochgebirgen hat sich das Gras- und Strauchland ausgebreitet und damit auch der Lebensraum der graswurzelfressenden Raupen und dessen parasitischen Pilzes deutlich vergrößert.


Lebensweise

Der Tibetische Raupenpilz nutzt die Raupen der Schmetterlingsgattung Thitarodes aus der Familie der Wurzelbohrer, auch Geistermotten genannt. Diese Raupen ernähren sich von jungen Wurzeln der Knöterichgewächse, Hülsenfrüchtler, Sauergrasgewächse (inkl. Schuppenseggen), Süßgräser und Liliengewächse. Werden die Eier der Geistermotte durch die Sporen des Raupenpilzes infiziert, breitet sich der Pilz in der geschlüpften Raupe aus. Dabei befällt der Pilz erst nicht lebensnotwendige Innereien der Raupe. Im Unterschied zu nicht befallenen Raupen bohren sich Befallene nur 15 cM tief ins Erdreich ein. Am Todeszeitpunkt stehen die befallenen Larven oft senkrecht im Boden, mit dem Kopf nicht tiefer als 5 cM unter der Erdoberfläche. Im Frühling wächst der Fruchtkörper aus dem Kopf der Raupe, der dann 5-10 cM aus dem Boden hervorsteht. Die Verhaltensänderungen befallener Raupen werden wie im Fall gewisser Ameisenpilze als Fremdsteuerung der Raupe durch den Pils angesehen.


Menschliche Nutzung

Er wird seit langer Zeit in der Tibetischen Medizin aufgrund seiner vitalisierenden Wirkungen hoch geschätzt. Später wurde er auch von der Traditionellen Chinesischen Medizin entdeckt. Der Hohe Wert der Pilze führte dazu, dass diese auch als Währung genutzt werden.


Systematik

Klassifikation: Lebewesen
Domäne: Eukaryoten (Eucaryota)
ranglos: Opisthokonten (Opisthokonta)
Reich: Pilze (Fungi)
Unterreich: Dikarya
Abteilung: Schlauchpilze (Ascomycota)
Unterabteilung: Echte Schlauchpilze (Pezizomycotina)
Klasse: Sordariomycetes
Unterklasse: Hypocreomycetidae
Ordnung: Krustenkugelpilzartige (Hypocreales)
Familie: Ophiocordycipitaceae
Gattung: Ophiocordyceps
Art: Ophiocordyceps sinensis

Ehemalige Systematik
Bis 2007 genetische Analysen eine genauere Einteilung der Hypocreales erlaubte, wurde der Tibetische Raupenpilz in die Gattung der Kernkeulen (Cordyceps) eingegliedert. Seitdem ist Kernkeule kein Gattungsbegriff mehr, sondern eine Sammelbezeichnung für parasitäre Schlauchpilze.

Ordnung: Krustenkugelpilzartige (Hypocreales)
Familie: Clavicipitaceae
Gattung: Kernkeulen (Cordyceps)
Art: Cordyceps sinensis


Namensherkinft des Tibetischen Raupenpilzes

Der tibetische Name 'Jartsa Gunbu' (in anglisierter Form auch „Yartsa Gunbu“) bedeutet wörtlich „Sommergras-Winterwurm“.
Sein chinesischer Name 'dong chong xia cao' bedeutet wörtlich „Winterwurm-Sommergras“ und ist eine (umgekehrt) wörtliche Übersetzung des tibetischen Namens.
Seinen Artnamen 'sinensis' [lat. - chinesisch] erhielt der tibetische Raupenpilz von Miles Joseph Berkeley, weil er von Europäern zuerst auf chinesischen Märkten gefunden wurde.


>Daniel Winkler: Ophiocordyceps sinensis. Caterpillar Fungus [en]

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